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10. November 2022
Zur medizinischen Versorgung in Uffenheim

In den vergangenen Jahren haben einige Hausärzte und zwei Internisten im näheren Umkreis ihre Praxen geschlossen. Meist aus Altersgründen, aber auch weil sich eine Übernahme des eigenen Kassenarztsitzes durch einen jüngeren Nachfolger anbot, dieser die Praxis aber nicht am bisherigen Standort weiterführen wollte. Obwohl die vormals hohe Arztdichte im Uffenheimer Raum dadurch nun gerade einmal Regelniveau erreicht hat, ist eine gewisse Angst vor schlechterer medizinischer Versorgung zu vernehmen. Hierzu muss man sagen, dass die Uffenheimer Verhältnisse der Vergangenheit sicher nicht representativ waren und für die Zukunft auch in keinem Fall haltbar gewesen wären. Eine Ausdünnung der ärztlichen Versorgung war bis zu einem gewissen Maß notwendig und auch gesund. Trotz allem praktizieren in Uffenheim noch immer sechs zugelassene Ärzte bzw. Ärztinnen und zwei Ärztinnen in Weiterbildung. Damit steht Uffenheim, auch wenn ein weiterer Kollege in den Ruhestand gehen sollte, immer noch vergleichsweise gut da.

Diesen Zustand gilt es nun zu erhalten. Aber es müssen auch alle umdenken und sich der veränderten, jetzt mit anderen regelversorgten Regionen vergleichbaren, Versorgungssituation anpassen. Das heißt, Hausärzte werden eine anlassbezogene Primärversorgung gewährleisten. Das heißt aber auch, Wartezeiten auf Arzttermine werden sich etwas verlängern, Arztkontaktzeiten sich etwas reduzieren, am Telefon dauert es vielleicht etwas länger. Eine allumfassende hausärztliche Betreuung, wie beispielsweise Hausbesuche auf Wunsch und nicht ausschließlich bei Notwendigkeit, zeitaufwendige Erörterungen oder auch die Organisation umfangreicher Behandlungspfade etc., werden nicht mehr in dem Umfang stattfinden können, wie es viele von früher her kennen. Unsere MFA werden noch konsequenter als bisher Beratungsanlässe nach ihrer Dringlichkeit filtern und den zeitlichen Rahmen der Termine limitieren.  Mittelfristig werden wir uns auf eine weitreichend durch medizinische Assistenzberufe getragene ambulante Versorgung einstellen müssen, die, wie es andere Länder vormachen, nicht schlechter sein muss als das was wir bisher kannten.

Die Art und Weise wie unserer Lokalpolitiker in diesem Zusammenhang abermals in der Presse zitiert werden wirkt auf mich jedoch etwas verstörend. Man tut so, als gäbe es in Uffenheim keinerlei medizinische Versorgung und ignoriert die Leistung, die die Praxisteams in und um Uffenheim tagtäglich vollbringen. Aussagen wie „einen Arzt bekommen wir nur her, wenn wir ihm Praxisräume anbieten können“, „ein Zuhause für einen Doktor schaffen“, „es brennt an allen Ecken und Enden“ lassen nach wie vor wenig Kenntnis der wirklichen Gegebenheiten und mangelnde Bereitschaft, Zukunftslösungen mit den bereits seit Jahren und Jahrzehnten in und für Uffenheim engagierten Leistungserbringern im Gesundheitssektor zu finden, erkennen. Es gibt in Deutschland unzählige Städte und Gemeinden, die wirklich keinen Arzt mehr beheimaten. Beim Zeitungsstudium bekommt der Leser den Eindruck vermittelt, Uffenheim gehöre dazu.

Das größere Problem dürfte mittelfristig der „Nachwuchs“ bei qualifizierten Medizinischen Fachangestellten sein. Dieser Berufsgruppe wird bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl die Ausbildungszahlen auch hier rückläufig sind. Wenn gut ausgebldete Fachkräfte darüber nachdenken, das Berufsfeld zu verlassen und immer weniger neue Ausbildungsverhältnisse geschlossen werden, dann sollte das allen ein Alarmsignal sein. Nicht zuletzt die Hauptlast der sog. Corona-Pandemie wurde und wird an den Telefonen, Anmeldetresen und in Laboren unzähliger Praxen im ambulanten Bereich getragen. Praxen erhielten dafür weder einen Bonus für das Freihalten von Behandlungskapazitäten, wie etwa die Krankenhäuser, noch gab es einen Bonus und damit zumindest eine finanzielle Wertschätzung für die Mehrbelastung unserer MFA. Ohne MFA kann auch der beste Mediziner in der schönsten Praxis wenig bewirken.

Und übrigens: Zitat FLZ: „Nachwuchs? Aktuell nicht in Sicht“. Wir bilden aktuell zwei Ärztinnen zu Fachärztinnen für Allgemeinmedizin weiter. Jedes Jahr famulieren Studierende verschiedener medizinischer Fakultäten in unserer Praxis. „Nachwuchs“ muss zunächst einmal für die Arbeit in der Allgemeinmedizin begeistert werden und wünscht sich familienfreundliches Arbeiten. All das ist in einer großen Praxis durch Arbeitsteilung möglich, sofern genügend Umsatz generiert werden kann um auch konkurrenzfähige Gehälter zahlen zu können. Da dieses Honorar nicht vom Himmel fällt und bei weitgehend pauschalierter Vergütung sowie eher geringem Anteil an Privatpatienten in der Region auch nicht durch „Mehrleistungen“ zusätzlich erwirtschaftet werden kann, ist eben auch eine gewisse Praxisgröße erforderlich. Leider hat sich an der Honorarsystematik in den letzten Jahren nichts geändert, sodass man selbst mit mehr Personal und der sich daraus ergebenden Möglichkeit mehr Patienten versorgen zu können kein Mehr an Praxisgewinn generieren kann, sondern im Gegenteil sogar noch Abschläge befürchten muss.

Und übrigens: Zitat FLZ: „Ich habe alle Ärzte in der Umgebung abgeklappert“. Wie bitte? Ich muss wohl vor lauter „Überarbeitung“ eine Erinnerungslücke haben!

Und übrigens: Unsere Praxis investiert stetig in hervorragende Patientenversorgung. 2021 in eine Filialpraxis in Gülchsheim und aktuell in die Erweiterung der Praxisräume in Uffenheim. Und natürlich auch dieses Mal wieder ohne jede Unterstützung der Stadt Uffenheim!

Und übrigens: Nur einmal zum darüber nachdenken: Wenn es in Uffenheim lieber „neue“ Ärzte in stadteigenen Praxisräumen wuppen sollen – vielleicht wuppt der eine oder die andere von uns es dann künftig auch irgendwo anders als wertgeschätzte(r) „Neue(r)“ und kommt damit ebenfalls in den Genuss diverser Förderungen und Annehmlichkeiten.

Bildquelle: ©IM-Foto für Hausarztpraxis Lohs